Seilzug-Anlenkungen
Seilzug-Anlenkungen zur Ansteuerung von Ruderflächen gehören technisch zur Gruppe der Zugmittelgetriebe, sie werden eingesetzt, wenn größere Entfernungen zwischen An- und Abtriebsglied zu überbrücken sind. Zur sicheren und präzisen Funktion ist eine Grundspannung im Seil gefordert. Es gibt auch Systeme mit Umlenkrollen zwischen An- und Abtriebsseite, diese werden hier aber nicht betrachtet. Wenn man nicht näher hinsieht, ist alles ganz einfach, aber es gibt doch einige Details zu beachten. Zum Beginn kurz eine Bewertung, im Anschluss dazu einige Erläuterungen.:
Von der Theorie her kenne ich für das Thema Anlenkung von
Ruderflächen nur zwei ideale Systeme, welche in allen Stellungen völlig
exakt arbeiten:
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Ausführung des Servoantriebshebels (Scheibe oder Hebelarm)
| Ausführung des Ruderhorns (Scheibe oder Hebelarm)
| Winkellage der Seil-Einhängebohrungen an Servohebel und Ruderhorn
| Längenverhältnis Servohebel / Ruderhorn
| Abstand zwischen Servoachse und Ruder-Scharnierachse. In den meisten Fällen (Hebel an Servo und Ruderfläche) läßt sich jeder Zweig des Seilzuges kinematisch als Gelenkviereck betrachten, bestehend aus:
Die Berechnung dieser Mechanismen war auch mit einem Rechenschieber schon sehr exakt möglich. Craig Tenney hat einige Excel-Blätter über diese Zusammenhänge erstellt, die auch die Ermittlung von Ruderkräften ermöglichen. Allerdings scheint im Programm eine feste Verknüpfung zwischen den Längen von Servohebel und Ruderhorn fixiert zu sein; Parallel-Kurbelgetriebe konnte ich bisher mit der mir vorliegenden Version noch nicht simulieren. Die Tabellenblätter sind passwortgeschützt, eigene Erweiterungen sind also nicht ohne weiteres möglich. Selbst wenn dies manchmal störend ist, halte ich es für sinnvoll, um ungewollte oder unbewusste Änderungen zu blockieren. Zu den Varianten: Skizze S.1 stellt ein System mit einer Seilscheibe am Servo und rechtwinkligen Hebeln an der Ruderfläche dar. Das in Neutrallage korrekt gespannte System verliert einen - praktisch nicht relevanten - Teil der Spannung im Leertrumm, wenn es ausgelenkt wird. Dieser Einfluss wird durch geringe Winkelunterschiede der Seile bei Auslenkung hervorgerufen, er wird mit größerer Gestell-Länge immer kleiner. Bei unendlicher Gestelllänge besteht hinsichtlich der Seilspannung kein Unterschied zu Fall P.0. Unterschiedlich ist jedoch das Übertragungsverhalten: Bei gleichen Hebelverhältnissen steigt der Ausschlagwinkel der Ruderfläche stärker an als der Servoausschlag. Skizze A.+ stellt ein System mit einem rechtwinkligen Servohebel und 20° zurückgeschwenkten Ruderhebeln dar, die Wirklängen der Hebel sind gleich.. Das in Neutrallage korrekt gespannte System verliert einen - gegenüber S.1 deutlich höheren - Teil der Spannung im Leertrumm, wenn es ausgelenkt wird. Dieser Einfluss wird hervorgerufen durch die Geometrie des Ruderhorns. Das rücklaufende Ruderhorn des Leertrumms legt einen geringeren Weg in Gestellrichtung zurück als das vorlaufende Ruderhorn. Dieser Effekt ist weitgehend unabhängig von der Gestell-Länge. Ob er sich negativ auf die Funktion einer derartig gestalteten Anlenkung auswirkt, ist umstritten. Persönlich halte ich bei böigen Windverhältnissen eine Flatterneigung für möglich, auch die präzise Reaktion bei Bewegungsumkehr ist eingeschränkt, da anfangs nur Luftkräfte rückstellend wirken. Das Übertragungsverhalten ist unterschiedlich: Anfangs steigt der Ausschlagwinkel der Ruderfläche stärker an als der Servoausschlag, später kehrt sich der Effekt um. Skizze A.- stellt ein System mit einem rechtwinkligen Servohebel und 20° vorgeschwenkten Ruderhebeln dar, die Wirklängen der Hebel sind gleich.. Das in Neutrallage korrekt gespannte System wird weiter gespannt, wenn es ausgelenkt wird. Auch dieser Einfluss ist weitgehend unabhängig von der Gestell-Länge und wird hervorgerufen durch die Geometrie des Ruderhorns. Das rücklaufende Ruderhorn legt einen weiteren Weg in Gestellrichtung zurück als das vorlaufende Ruderhorn, dadurch wird die ursprüngliche Seillänge zu kurz.. Die Vorspannung wird erhöht, hat aber erst ab einer gewissen Größe praktische Auswirkungen, da Elastizität und Durchbiegung in Servohalterung, Zugseil, Servohebel und Ruderhorn - natürlich unter Reduzierung der Wirkleistung am Ruder - für einen teilweisen Abbau sorgen. Persönlich halte ich einen geringen Teil von zusätzlicher Seilspannung noch für akzeptabel. Das Übertragungsverhalten ist progressiv: Der Ausschlagwinkel der Ruderfläche steigt stärker an als der Servoausschlag. Die in den Skizzen A.+ und A.- dargestellten Verhältnisse gelten sinngemäß auch für eine rechtwinklige Ausführung des Ruderhorns und die Verlagerung der Drehpunkte am Servohebel. Grundsätzlich ergibt sich damit bei gleichen Hebellängen von An- und Abtrieb folgender Zusammenhang:
Eine ebenfalls gut brauchbare Seilzug-Lösung ist nachfolgend in P.1 dargestellt. Seillänge = Gestell-Länge bei gleichen Hebellängen ergibt theoretisch optimale Übertragung. Während ein festes Gestänge für optimalen Wirkungsgrad bei Neutrallage in 12-Uhr-Position stehen sollte, ist bei einem Seilzug die hier gezeichnete Ausgangsposition auch denkbar. Grund: Bei einem angenommenen Servoweg von 2x45° verteilt sich der Arbeitsbereich auf beide Seile, sodass ein Seil nur für eine Ausschlagrichtung wirksam ist, d.h. von +20° bis -25° auf jeder Seite. Die Hebelverhältnisse sind damit optimiert für eine Bewegung aus der Neutrallage heraus, da der Übertragungswinkel ungünstiger wird, wenn das System sich aus der 12-Uhr-Position entfernt. Im Heft 09/99 S.84 der Zeitschrift Radio Control Modeler (RCM) ist dieses System mit einem 18°-Offsetwinkel dargestellt, ohne allerdings detailliert auf die Hintergründe einzugehen. Der genaue Wert des Offsetwinkels ist Geschmackssache, er sollte sich aber im Bereich von 10° bis 20° befinden. Um die Belastung des Servo-Kugellagers etwas zu mildern, gibt es bei Graupner einen Servo-Horn-Supporter (Best.-Nr. 5119). Grundsätzlich sollten die Seile aber nur geringe Vorspannung aufweisen.
Hier wäre ein Excel-Programm sinnvoll, zur Optimierung der Seillänge in Abhängigkeit von:
Viele Jahre später hat Michel Schümichen das Thema aufgegriffen und ein Rechenprogramm für die Mathematik-Software Geogebra erstellt. Genau richtig, um die optimalen Werte mit einigen Testläufen ermitteln zu können. |
Dipl.-Ing. Walter Holzwarth, Ingenieurbüro für Maschinenbau
Letzte Änderung: 31.01.14